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Donnerstag, 18.5.2000:


Vormittags besichtigen wir das größte Kloster Tibets, Drepung.
„Nicht ganz 10 km westlich von Lhasa gelegen, wurde Drepung 1416 von dem Tsongkhapa-Schüler Jamchen Chöje (1379-1449) gegründet und war vor der chinesischen Besetzung mit mehr als 10 000 Mönchen das größte Kloster Tibets. Während das Kloster Ganden von Anfang an das spirituelle Zentrum der Gelbmütze darstellte, war Drepung als die ehemalige Residenz des Dalai Lamas stets das politische Zentrum der Gelugpa. (…) Die Äbte von Drepung waren an allen politiscxhen Entscheidungen beteiligt. Sie fungierten als Vermittler in Kriegsangelegenheiten und verfügten über eine einflußreiche Position, wenn es um die Benennung von Regenten oder die Identifizierung des Dalai Lama ging.“

 


Während große Teile der Mönchsunterkünfte in der Kulturrevolution zerstört wurden, blieben die Versammlungshallen der vier Fakultäten Drepungs (…), der ehemalige Regierungssitz des Dalai Lama (tib. Ganden Phodrang) sowie die Große Halle für die Vollversammlung unbeschädigt.“



Im Hof findet die Prüfung eines Mönchs statt, er muß vor der versammelten Zuhörerschaft seine Antworten präzise und blitzschnell hervorbringen. Die ritualisierte Zeremonie ist für den Zuschauer sehr interessant: der Prüfer formuliert seine Frage, zieht dabei die Gebetskette am Arm hoch bis an die Schulter, schnellt dann plötzlich nach vorne und klatscht in die Hände – wie aus der Pistole geschossen muß jetzt die Antwort kommen.


Wir erleben außerdem noch die Mönchsgemeinschaft beim Gebet anläßlich einer Vollmond-Zeremonie. Die Gemeinschaft läßt sich in der Gebetshalle nieder, zunächst wird Buttertee und Tsampa gereicht. Novizen rennen die Gänge entlang, um neuen Buttertee zu holen. Der Abt zelebriert ein Ritual, das wir als Zuschauer am Rande nicht richtig mirbekommen und ohnehin (leider) nicht verstehen. Aber der Klang der in tiefster Stimmlage vorgetragenen eindringlichen Gebete läßt uns erschauern.
„Die düstere Atmosphäre und die von einem in den höchsten Tönen plärrenden wie dumpf donnerndem Zeremonialinstrumentarium begleiteten, tiefen Gesänge der in ihre dicken Obergewänder gehüllten Mönche lassen die Atmosphäre früherer Zeiten aufleben.“


Wanderung zum Staatsorakel von Nechung.
„Nur 1 km südöstlich von Drepung befindet sich das um die Wende zum 14. Jh. gegründete Kloster Nechung, dessen Medium Ende des 17. Jh. zum tibetischen Staatsorakel benannt wurde. Das Orakelwesen ist ein aus der Volksreligion erwachsenes Phänomen, das vom Buddhismus geduldet wird, jedoch nicht als genuin buddhistisch angesehen werden darf. Denn die Gottheiten, die sich während der Séancen menschlicher Medien als Sprachrohr ihrer Prophezeiungen bedienen, werden normalerweise nicht dem lamaistischen Pantheon zugerechnet. Buddhistioschen Vorstellungen zufolge handelt es sich hierbei zumeist um lokale Schutzgottheiten, deren Aktivität grundsätzlich nicht heilswirksamen, sondern weltlichen Zielen zuträglich ist. Nur durch ganz wenige Medien, wie durch das tibetische Staatsorakel, schaffen sich auch Dharmapalas Gehör, die als Gottheiten der 10., also höchsten Bodhisattva-Stufe betrachtet werden.“


Nachmittags: Besichtigung des Klosters Sera. Es
„bestand seit jeher eine Art Konkurrenz zwischen Sera und Drepung. Von 2850 Mönchen um 1700 stieg ihre Zahl im 20. Jh. auf 6600 an. Etabliert haben sich in Sera drei Fakultäten. Besonders empfohlen sei der Besuch der Jepa Dratshang, der Tantrischen Fakultät und der großen Versammlungshalle.“



Wir dürfen die Studenten beobachten, die jeden Nachmittag im Klostergarten für ihre Prüfungen trainieren, indem sie sich gegenseitig abfragen.


 

 


 

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