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Mit dem Luxuszug durch Andalusien.


Der Nostalgiezug Al Andalús, einst von der britischen Königsfamilie für Urlaubsreisen genutzt, steht nun im Dienst der Renfe (Red Nacional de los Ferrocarriles Españoles), also der spanischen Eisenbahngesellschaft. Er verfügt über vier Gesellschaftswagen, die ganz im Stil der Belle Epoque eingerichtet sind und Restaurant und Bar beherbergen. In seiner Eigenschaft als fahrendes Hotel für circa 60 Gäste reihen sich daran noch weitere sieben modern ausgestattete, komfortable Schlafwagen an.

Die Küche an Bord hat Sterne-Niveau, wir werden von Koch André nach Strich und Faden verwöhnt. Morgens üppiges Frühstücksbuffet, mittags und abends je ein 4-Gänge-Menü. Hier bleibt keiner hungrig - es sei denn, er mag keinen Fisch. Das Zugpersonal ist überaus freundlich und zuvorkommend, zum Glück aber nicht steif und förmlich, sondern locker und gerne auch mal zum Scherzen aufgelegt.



Abgesehen von ein paar technischen Pannen des alten Zugs (Probleme mit der Klimaanlage und mit der Vakuumtoilette) war die Zugfahrt zu Andalusiens berühmtesten Sehenswürdigkeiten ein großes Vergnügen!







Unsere Reise beginnt und endet in Sevilla.
Wir logieren im "Alfonso XIII", einem von Spaniens renommiertesten Hotels.

Nach unserer Ankunft gegen Mittag sind wir auf eigene Faust unterwegs. Zur ersten Orientierung gönnen wir uns zunächst eine halbstündige Kutschfahrt durch den Parque de María Luisa und zur Plaza de España.



Danach bummeln wir durch die Altstadt und besuchen am Abend die Casa de la Memoria.
Die Flamenco-Darbietung ist von atemberaubender Intensität. Ein kleiner intimer Zuschauerraum, nur 3 Reihen Stühle um die kleine Bühne, im Hintergrund der Durchblick auf einen blumengeschmückten Innenhof. Es werden keine Getränke ausgeschenkt, nichts soll von den Künstlern ablenken. Auch das Fotografieren ist nur zum Schlußapplaus erlaubt, um die intensive dichte Atmosphäre nicht zu stören. Mikrofone gibt es nicht, der Raum trägt den vibrierenden Klang einer Gitarre, des Gesang und der klatschenden Händen bis ins innerste Mark - Gänsehaut garantiert!
Die hervorragenden Künstler muß ich hier erwähnen:
Tanz: Maribel Ramos "La Zambra" und Felipe Mato
Gesang: Vicente Gelo
Gitarre: Jordi Flores

Am 30. Mai trifft sich die Reisegruppe des Al Andalús am Hotel Alfonso XIII zu einer gemeinsamen Stadtbesichtigung. Leider kann die Kathedrale von Touristen nicht betreten werden: heute feiert man den Tag des Schutzpatrons der Stadt, San Fernando, und die Kathedrale ist dem Gottesdienst der Einheimischen vorbehalten. Dafür bleibt uns mehr Zeit im mittelalterlichen Königspalast von Sevilla, dem Alcázar.



Ein Spaziergang durch das  enge Gassenlabyrinth hinter dem Palast rundet die Besichtigung ab.
Nach dem Mittagessen im Hotel Alfonso XIII bringt uns der den Zug begleitende Bus zum Bahnhof und wir können an Bord gehen...





Am Ende der Reise verbringen wir noch eine Nacht in Sevilla und besuchen am Abend eine weitere Flamenco-Darbietung, diesmal im Museo del Baile Flamenco.
Auch diese Tanzvorführung kann uns wirklich überzeugen. Zwar ist der Rahmen nicht ganz so intim wie in der Casa de la Memoria - der größere Raum und das umfangreichere Publikum erfordern auch den Einsatz von Mikrofonen - aber die Künstler sind genauso großartig. Da es hier 2 Sänger und 3 Tänzer gibt, ist die Show insgesamt abwechslungsreicher - dafür ist die Atmosphäre nicht ganz so dicht.
Künstler, soweit ich das herausfinden konnte:
Tanz: Rocio Alcaide Ruiz, Rosa Belmonte (?), Jesús Ortega
Gesang: Inmaculata Rivero, ?
Gitarre: ?



Erste Station: Jerez de la Frontera.

Die Bezeichnung "Sherry" leitet sich vom Namen der Stadt "Jerez" her. Hier in der Provinz Cádiz liegt das Zentrum des edlen Likörweins - die Orte El Puerto de Santa Maria, Sanlúcar de Barrameda und Jerez de la Frontera bilden das magische Dreieck. Nur Wein, der auf den wasserspeichernden Kalkböden dieser Region angebaut wird, darf den Namen „Sherry“ tragen.


Folgerichtig besichtigen wir als erstes die Bodegas der Firma González Byass, bekannt unter dem Markennamen "Tío Pepe". Hunderte Fässer vieler Jahrgänge von Spaniens bekanntester Sherry-Marke lagern hier. Besucher können an einer Führung über das weitläufige Gelände und durch die alten Hallen teilnehmen – natürlich mit einer anschließenden Sherry-Verkostung.

Ebenso bekannt ist Jerez de la Frontera als Sitz der "Real Escuela Andaluza del Arte Ecuestre", also der andalusischen Hofreitschule. Diese Stiftung residiert im Palacio Recreo de las Cadenas, erbaut im 19. Jahrhundert für die Herzöge von Abrantes, umgeben von einer weitläufigen Parkanlage. Hier erweckte Don Àlvaro Domecq Romero die Andalusische Reitschule Mitte der 1970er Jahre zum Leben. Es dauerte nicht lange, bis der Visionär von König Juan Carlos I. die Auszeichnung „Caballo de Oro“ erhielt. Zu Ehren dieses Preises inszenierte der Gründer der Reitschule erstmals die Show der „tanzenden andalusischen Pferde“. Im Jahr 1986 kaufte die Reitschule von Don Pedro Domecq de la Riva dessen Stall. Somit gingen eine Kollektion aus 19 Kutschen, 35 Zuchtpferde sowie hochwertiges Pferdegeschirr aus dem Jahr 1730 automatisch in den Besitz der Königlich-Andalusischen Reitschule über. Im Jahr 1987 wurde die Reitschule offiziell vom spanischen König anerkannt und darf sich seitdem als „königlich-spanisch“ bezeichnen. Heute gehört die Reitschule der Junta de Andalucia der Provinz Cádiz an.

 


Filme:
1. Remonten / Pas de Quatre
2. Arbeit an der Hand / Fahren
3. Dressur Kür
4. Quadrille



Zum Abendessen fahren wir mit dem Bus ins 25 km entfernte Sanlúcar de Barrameda zum Restaurante Casa Bigote.

Die Stadt liegt an der Mündung des Flusses Guadalquivir in den Atlantischen Ozean. Sanlúcar lebt hauptsächlich vom Fischfang und der Herstellung von Sherry, insbesondere Manzanilla. Der Hafen von Sanlúcar de Barrameda war in der Frühen Neuzeit der Ausgangspunkt zahlreicher Expeditionen: 1498 Christoph Columbus zur dritten Amerikafahrt, 1519 Ferdinand Magellan zur Weltumseglung. Am gegenüberliegenden Ufer des Guadalquivir beginnt der Nationalpark Coto de Doñana.

Erst als wir abends vor Ort sind, erfahren wir von einem der größten religiösen Feste Spaniens, der Wallfahrt zur Ermita del Rocío. Zu Pfingsten kommen über eine Million Pilger, um die Jungfrau "Blanca Paloma" (Weiße Taube) zu verehren. Über 100 Bruderschaften reisen aus ganz Spanien und zum Teil aus dem Ausland an. In Sanlúcar setzen schon den ganzen Tag lang geschmückte Fuhrwerke und Reiter mit der Fähre über den Guadalquivir, um den Weg zum nur noch 40 km entfernten Ort El Rocío fortzusetzen. In 5 Tagen ist Pfingstsonntag...

Mit einsetzender Dunkelheit stellt die Fähre aber ihren Betrieb ein, wir können nur noch das erleuchtete Pilgerlager am anderen Flußufer sehen.

Wir erreichen den Bahnhof von Jerez um fünf vor zwölf - gerade pünktlich, um mir zum 60. Geburtstag am 01.06.2022 zu gratulieren...



Die Hauptstadt der Provinz, Cádiz, fahren wir von Jerez aus mit dem Bus an.

Von der Stadtbesichtigung bleibt vor allem die Markthalle in Erinnerung. Frischer Fisch und Meeresfrüchte in Hülle und Fülle. Touristen mit Fotos neben Einheimischen mit Einkaufstaschen.


Etwas Zeit nehmen wir uns noch, um die alte Kathedrale anzuschauen. Spannend sind die großen bekleideten Heiligenfiguren, die man in unserem Kulturraum so gar nicht kennt, die aber für Spanien typisch sind.

Dann geht es zum Mittagessen zum Parador de Cádiz und anschließend zurück zum Zug, der in Jerez am Bahnhof auf uns wartet, um nach Ronda zu fahren. Da die direkte Bahnstrecke Jerez-Ronda auf Grund einer Baustelle (Ausbau der Strecke für den Schnellzug) nicht befahrbar ist, muß der Lokführer einen großen Umweg einplanen, praktisch zurück bis nach Sevilla. Uns Passagiere läßt das unbeeindruckt - wir geniessen die lange Zugfahrt bis weit in die Nacht hinein und lassen uns in den Schlaf schaukeln...







 



Bekannt ist Ronda vor allem für seine Lage: die maurisch geprägte Altstadt, La Ciudad, liegt auf einem rundum steil abfallenden Felsplateau. Die Altstadt ist vom jüngeren Stadtteil, El Mercadillo, durch eine knapp 100 m tiefe, vom Río Guadalevín gebildete, Tajo de Ronda genannte Schlucht getrennt. Überspannt wird der Abgrund von drei Brücken: die Puente Árabe („Arabische Brücke“), die Puente Viejo („Alte Brücke“) und die bekannteste, die im 18. Jahrhundert erbaute Puente Nuevo („Neue Brücke“).


Der Blick hinab in den Abgrund der senkrecht abfallenden Felswände und dann in die Ferne in die weite Landschaft ist mit Worten nicht zu beschreiben und auf den Fotos nur sehr unvollkommen nachzubilden.


Erwähnenswert ist noch, daß Ronda eine der ältesten steinernen Stierkampfarenen besitzt. Die heutige Art des Stierkampfes (etwa Kampf auf Augenhöhe und nicht mehr vom Pferd aus, Verwendung der Muleta, Tötung mit einem einzigen Stich) wurde im frühen 18. Jahrhundert durch Francisco Romero (1700–1763) entwickelt. Der Mann aus Ronda gilt als erster professioneller Stierkämpfer.

Wir wenden uns aber vom Stierkampf kategorisch ab und lassen unseren Blick lieber wieder über die atemberaubende Landschaft schweifen...





Der Parador de Ronda bietet uns zu Mittag ein edles 4-Gänge-Menü, aber unser Zugkoch übertrifft all die großen Restaurants. Oder liegt es nur daran, daß er uns so sympatisch ist, wie er da in seiner schaukelnden und rüttelnden Mini-Küche hantiert? Wir freuen uns jedenfalls wieder auf einen Nachmittag und Abend an Bord des Zugs...




Granada war die letzte maurische Bastion in Spanien.

Das maurische Andalusien war ein reiches, blühendes Land. Kunst und Wissenschaft waren weltberühmt, das Handwerk galt in ganz Europa als Vorbild. Für alle Kinder gab es Schulen, für die Einwohner der Stadt Krankenhäuser, Bibliotheken und Freizeitzentren. Die Straßen waren befestigt, und es gab überall Wasserleitungen – im christlichen Europa war solch ein Luxus unbekannt.

Jedoch eroberten die kastilischen Herrscher schritt für Schritt das Land für das Christentum zurück. Als 1492 der letzte naṣridische Herrscher Muhammad XII. (auch Boabdil genannt) kapitulierte und die Stadt an Königin Isabella I. von Kastilien und König Ferdinand II. von Aragón, die so genannten „Katholischen Könige“ (Reyes Católicos) übergab, war die "Reconquista" abgeschlossen.

Die bedeutendsten Bauten aus der islamisch-arabischen Zeit gehören zur Festung Alhambra (von al-Ḥamra’-u „die Rote“; arab. الحمراء). Sie ist eine Ansammlung von Palästen und die größte profane Anlage dieser Art in Spanien. Sie wurde auf älteren Anlagen im 13. und 14. Jahrhundert als Residenz der muslimischen Könige der Naṣriden-Dynastie errichtet. Berühmt ist die Alhambra für ihre Stuckdecken und den Löwenbrunnen. König Karl I. ließ einen Palast in diesem Areal erbauen, durch den weite Bereiche des ursprünglichen Palastes zerstört wurden. Da es sich bei diesem um eines der bedeutendsten Gebäude der Renaissance in Spanien handelt, werden hier keine Ausgrabungen durchgeführt. Oberhalb der Alhambra liegt der Generalife (von arabisch جنة العارف, DMG ǧannat al-‘ārif, „Garten“ bzw. „Paradies des [Gott] Erkennenden“), die Sommerresidenz des Emirs, mit ausgedehnten Gartenanlagen.

 




Nach der dreistündigen Besichtigung am Vormittag sind wir erst einmal geschafft und halten Siesta im Zug.
Gegen Abend bekommen wir noch eine Flamenco-Show präsentiert (leider qualitativ weit entfernt von den großartigen Darbietungen in Sevilla) und speisen nachts im Restaurant "El Claustro", einem ehemaligen Nonnenkloster. Zwar reicht die Qualität des Essens wieder nicht an unser Bordrestaurant heran, aber die Lokalität ist sehr stimmungsvoll.

 


 
Die Provinz Jaén, durch die der "Al Andalús" uns jetzt führt, lebt in erster Linie von ihren Olivenbäumen und gilt als Hersteller von Olivenöl allerbester Qualität. Touristisch ist die Gegend im Vergleich zu anderen spanischen Regionen eher weniger erschlossen.

Eine Ausnahme bilden da die beiden Renaissance-Städtchen Úbeda und das 10 km entfernt gelegene Baeza. Gemeinsam stehen die beiden "Schwesterstädte" seit dem Jahre 2003 auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgrund ihrer Rolle als Wegbereiter der Renaissance in Spanien und der Verbreitung humanistischer Ideen und der Renaissancearchitektur in andere Länder.

Úbeda:






Baeza:








Der Al Andalús bringt uns noch am Samstagabend nach Córdoba, wo wir (nach dem Abendessen im Parador de Córdoba) im Barwagen ausgelassen unsere Zug-Abschiedsparty feiern.


Am nächsten Morgen - es ist der Pfingstsonntag - widmen wir uns intensiv dem maurischen Erbe Andalusiens in Córdoba.

Die Stadt, deren Vorläufer bis in die römische Antike reicht, ist von ihrem historischen Erbe und vielen Bauten aus der Zeit der maurischen Herrschaft geprägt, als Córdoba zeitweilig das Zentrum von Regierung und Gelehrsamkeit auf der Iberischen Halbinsel und eine der größten Städte der Welt war.

Die Mezquita ist das bedeutendste Bauwerk der Stadt, das ab 784 als Moschee errichtet und mehrfach erweitert wurde. Mit seiner Ausdehnung von 23.000 m² wäre es heute die drittgrößte Moschee der Welt. Etwa 860 Marmorsäulen in parallelen Reihen tragen jeweils zwei übereinanderliegende Bögen und bewirken so ein besonderes Spiel von Licht und Schatten. Die wohl bedeutendste Gebetsnische maurischer Herkunft ist die ca. 960 von al-Hakam II. erbaute Mihrab, ein gewölbter Schrein mit byzantinischen Mosaiken. 1236, im Jahr der Rückeroberung durch die Christen, wurde die Moschee zur christlichen Kathedrale geweiht. In der Mitte der Moschee wurde ab 1523 über 234 Jahre hinweg ein gewaltiges Kirchenschiff im Stil der Renaissance erbaut.